The Lucid Evidence

Bettina Rheims_Sibyl_1996
Bettina Rheims
Sibyl Buck la joue ècrasée sur un lit 1996

Das MMK Museum für Moderne Kunst in Frankfurt verfügt über eine der größten Sammlungen internationaler Gegenwartsfotografie. Seit der Gründung des MMK im Jahr 1991 wird die Fotografie gleichbedeutend neben Malerei, Skulptur, Zeichnung, Film oder Videoinstallation gesammelt. Dabei war für die Sammlungsstrategie stets das Bild selbst prägend. Nicht allein der Zusammenhang des Gesamtwerkes der Künstlerinnen und Künstler steht im Vordergrund, sondern jeweils die beispielhafte Bildqualität und der fotografische Ausdruck.

Die Sammlungspräsentation The Lucid Evidence ist der erste Teil von zwei Präsentationen, in denen das MMK seine bedeutende Sammlung der Öffentlichkeit vorstellen will. „Ausgestellt sind Serien und Werkgruppen von insgesamt 23 Künstlerinnen und Künstlern, deren Arbeiten die verschiedenen Genres der Fotografie von den späten 1950er Jahren bis heute präsentieren. Der Schwerpunkt dieser 700 Fotografien umfassenden Präsentation liegt auf dem Porträt”, erläutert Dr. Susanne Gaensheimer, Direktorin des MMK, die Auswahl. Darüber hinaus kontextualisiert die Präsentation die parallel laufende Sonderausstellung Not in Fashion. Mode und Fotografie der 90er Jahre, die französische Fotografin Bettina Rheims zum Beispiel besetzt mit ihren bekannten Akt- und Modefotografien eine Schnittstelle von Mode und Kunst.

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Der zweite Teil der Sammlungspräsentation ist für 2012 geplant und wird unmittelbar an The Lucid Evidence anknüpfen, sich aber noch stärker mit konzeptioneller Fotografie beschäftigen. In der zentralen Halle wird die Aufmerksamkeit des Besuchers gleich auf die riesige, aus 90 einzelnen Color Copy Prints bestehenden Fotowand des japanischen Künstlers Nobuyoshi Araki gelenkt. Eine Arbeit, die der Künstler in diesem Sommer eigens für die Wand der zentralen Halle des MMK produziert hat. An den Rändern der Bilder, sind die Entstehungsdaten der einzelnen Fotografien zu erkennen. Begleitet werden diese Arbeiten Arakis durch seine 54-teilige Serie Tokyo Comedy von 1997. Die Fotografien zeigen ein Bild der zeitgenössischen japanischen Gesellschaft und sind gleichzeitig eine Hommage Arakis an seine Heimatstadt Tokyo.

Zu einem der Highlights der Ausstellung zählen die aufwändig inszenierten und in Leuchtkästen präsentierten Großbilddias des kanadischen Fotokünstlers Jeff Wall. Die Arbeit The Storyteller von 1986, die zu den frühen Ankäufen des MMK gehört, zählt mittlerweile zu den Klassikern der Gegenwartsfotografie. Ausgestellt ist auch das Unikat Odradek, Táboritská 8, Prague July, 1994. Das gewohnte Verhältnis von Dargestelltem und Betrachter bringt der international erfolgreiche Bernd Becher-Schüler Thomas Ruff mit seinen monumentalen Porträts, (1987/88) ins Wanken. Ergänzt werden diese Arbeiten durch ein Motiv aus der Serie Sterne, (1992).

Das Genre der Reportagefotografie ist durch die zahlreichen Arbeiten der Fotojournalistinnen Barbara Klemm, Anja Niedringhaus und Abisag Tüllmann eindrucksvoll repräsentiert. Von Tüllmann, die sich auch einen Namen als Theaterfotografin machte, sind 46 Fotografien ihrer Aufnahmen der Beuys Aktion von Titus/Iphigenie, 1969, ausgestellt. Barbara Klemm ist mit einer Auswahl von 60 Fotografien in der Ausstellung vertreten. Von Anja Niedringhaus werden die in den Jahren 1993 bis 2000 entstandenen Arbeiten aus den Kriegsgebieten des Balkans vorgestellt. Wichtige Positionen der „subjektiven Fotografie” nehmen Künstler wie Jock Sturges, Dino Pedriali und der amerikanische Filmemacher und Fotograf Larry Clark ein. Clark gehört zu den einflussreichsten Fotografen seiner Generation. Ihm gelingt mit seinen frühen Arbeiten, Teenage Lust und Tulsa, (1963 –1971), vor dem Hintergrund des Vietnamkrieges, das existentiell verdichtete Porträt einer Gesellschaft dieser Jahre.

Ausgestellt werden zudem 75 großformatige Fotografien, die Porträts von fünf Teenagern aus dem Jahr 1991 zeigen. „Nun ist es der eher distanzierte Blick auf die Jugendkultur einer sehr viel jüngeren Generation und deren Adoleszenz. Die Serien erscheinen wie Screentests für Larry Clarks späteren Film Kids (1995)”, erklärt Dr. Mario Kramer, der Kustos der Sammlung. Clark gehört zu den einflussreichsten Fotografen für die nachfolgende Generation wie Wolfgang Tillmans, Jack Pierson und Tobias Zielony. So dokumentiert der Berliner Künstler Tobias Zielony 2009 bis 2010 in seinem 16-teiligen Fotozyklus in der Tradition der Street Photography die Jugendkultur an den Rändern unserer Großstädte. Seine Arbeit ist eine nüchterne Reportage über Rollenbilder, Gesten und die Langweile einer Jugend in sozialen Brennpunkten.

Als hervorragende Vertreter der Konzeptfotografie gelten die Künstler Mike Mandel und Larry Sultan. Zu sehen sind Arbeiten ihrer 1977 entstandenen Serie Evidence. Vorgefundenes Fotomaterial ist der Ausgangspunkt ihrer Frage nach dem Original und der Autorschaft. Hier knüpft eine Auswahl der Arbeiten der amerikanischen Künstlerin Taryn Simon aus ihrer umfangreichen Werkgruppe An American Index of the Hidden and Unfamiliar (2003 – 2007) an. Simons Fotografien von unwirtlichen, skurrilen Orten, die der Öffentlichkeit nicht oder nur schwer zugänglich sind, rufen beim Betrachter eindringlich das Bedürfnis hervor nach der realen Existenz dieser Orte zu fragen und sind so Dokumente der Aufklärung.