
Repro: LWL
Ausstellung mit Stereofotografien im LWL-Industriemuseum Schiffshebewerk Henrichenburg
3D ist en vogue: Regelmäßig starten neue Filme im Kino, deren Helden über den Köpfen der Zuschauer zu schweben scheinen. Selbst die Titanic geht zum 100. Jahrestag der Katastrophe noch einmal in der dritten Dimension unter. Kaum jemandem ist heute bewusst, dass das Betrachten von Stereobildern eine lange Geschichte hat. Eindrücke davon vermittelt die Ausstellung „Kaiser, Kohle und Kanal in 3D“, die der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) vom 6. Mai bis 21. Oktober in seinem Schiffshebewerk Henrichenburg in Waltrop zeigt.

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Ausgerüstet mit Spezialbrillen, können Besucher einen Streifzug durch hundert Jahre stereoskopischer Fototechnik unternehmen. 60 Bilder, 100 Kameras und Betrachtergeräte sowie ein Kaiserpanorama aus der Zeit der Eröffnung des Hebewerks sind zu sehen.
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In einer Epoche, in der die Zeitungen noch keine Fotografien abdrucken konnten und in der das Kino noch nicht existierte, war das Betrachten von Stereobildern ein beliebter Zeitvertreib. Aber noch heute geht von den Fotos ein faszinierender Sog aus. Der 3D-Effekt ist fast körperlich spürbar“, erklärte LWL-Kulturdezernentin Dr. Barbara Rüschoff-Thale am Donnerstag (3.5.) bei der Vorstellung der Ausstellung in Waltrop.
Um die räumliche Dimension erlebbar zu machen, hat das LWL-Industriemuseum die historischen Schwarz-Weiß-Aufnahmen in plakatgroße „Anaglyphenbilder“ umwandeln lassen – das sind zwei übereinanderliegende, unterschiedlich eingefärbte Fotos. Beim Betrachten durch eine rot-blaue Brille entsteht im Kopf das räumliche Gesamtbild. Insgesamt 60 Motive sind zu sehen: Szenen am Wasser aus der Zeit des Kaiserreichs sowie Ansichten aus Fabriken und Zechen des Ruhrgebiets aus den 1920er bis 1950er Jahren.
In der Mitte des Ausstellungsraums im Hafenmeistergebäude lockt der Nachbau eines Kaiser-Panoramas zu einer kleinen Weltreise. Diese Apparate, in denen eine Bilderserie rotiert, standen Anfang des 20. Jahrhunderts in 200 deutschen Städten. Bis zu 25 Personen konnten hier gleichzeitig Stereobilder betrachten. „Ein Berliner Unternehmer versorgte die Betreiber regelmäßig mit neuen Bilderzyklen. Auch aktuelle Ereignisse wie die Weltausstellungen oder die Schlachten des Ersten Weltkriegs erreichten auf diese Weise ein breites Publikum“, erklärt LWL-Museumsleiter Dr. Arnulf Siebeneicker.
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Neben spannenden Bildern bietet die Ausstellung einen Streifzug durch hundert Jahre stereoskopischer Fototechnik: Kameras mit zwei im Augenabstand angebrachten Objektiven verdeutlichen, wie die 3D-Fotos angefertigt wurden. Schöne Geräte aus Holz und Messing zum Anschauen dieser Aufnahmen werden ebenfalls präsentiert: vom schrankgroßen Magazinbetrachter für Gaststätten bis zum bunten Taschenstereoskop, das Reklame für Kakao oder Zigaretten machte.
Hintergrund
Beide Themen der Ausstellung – Szenen am Wasser aus der Zeit des Kaiserreichs sowie Ansichten der industriellen Anlagen des Ruhrgebiets aus den 1920er bis 1950er Jahren – berühren unmittelbar die Geschichte des Schiffshebewerks Henrichenburg: Die Stereofotografien des ersten Teils stammen aus der Blütezeit der Stereoskopie und zeigen Porträts prominenter Bauwerke und Schiffe sowie Impressionen von Reisen an den Rhein und an die See. Siebeneicker: „Sie sind allerdings nur bedingt geeignet, das Bedürfnis des Publikums nach Romantik und Idylle zu befriedigen, denn überall werden die Zeichen der Industrialisierung sichtbar: Stählerne Konstruktionen überspannen die Wasserwege, über denen die Dampfer ihre Rauchsäulen aufsteigen lassen.“
Im Ruhrgebiet wurde die Stereofotografie erst dann populär, als sie ihre Blütezeit bereits überschritten hatte. Hier wurde das Medium auch für andere Zwecke genutzt: Um 1940 gaukelten die Nationalsozialisten dem Publikum damit eine heile innerbetriebliche Welt ohne soziale Konflikte vor, und um 1950 warben die Zechen mit dreidimensionalen Bildern in bergbaufernen Bundesländern um Lehrlinge. Dazwischen tobte der Zweite Weltkrieg, auch in dieser Zeit wurden die räumlichen Bilder gebraucht: Die Alliierten überprüften damit die Wirksamkeit ihrer Bombenangriffe. „Durch die Vielfalt der Funktionen, die die Stereoskopie im Ruhrgebiet übernahm, werden bisher kaum beachtete Facetten dieses Mediums deutlich“, erklärt der Siebeneicker.
Zur Ausstellung erscheint ein Begleitbuch (mit beigelegter 3D-Brille) zum Preis von 14,95 Euro.
Begleitprogramm
12.6.2012, 19.30 Uhr
Thomas Eicher: Das Kaiserpanorama. Vortrag über eine alte Illusionskunst, Eintritt frei
30.6.2012, 18 bis 2 Uhr
ExtraSchicht. 3D-Show mit Forum InterArt und 3D-Vorträge von Winfried Patzer mit Ansichten aus dem Ruhrgebiet, Sondereintritt
14.8.2012, 19.30 Uhr
Horst W. Bühne: Das Ruhrgebiet aus der Luft, 3D-Vortrag, Eintritt frei
4.9.2012, 19.30 Uhr
Rolf Niggemeyer: Fledermaus-Expedition nach Transsylvanien, 3D-Vortrag, Eintritt frei
16.10.2012, 19.30 Uhr
Winfried Patzer: Haldenkunst und Industrielandschaft, 3D-Vortrag, Eintritt frei
Gruppenführungen
Das Ruhrgebiet dreidimensional entdecken. Besucher erkunden das Ruhrgebiet aus ungewohnter Perspektive – mit einer 3D-Brille. Dauer: 60 Minuten, Kosten: 40 Euro plus Eintritt
Programm für Schulklassen (Sek. I)
Eine Reise in den Raum. Die Schüler experimentieren mit der Kamera und sehen ihr eigenes Porträt in einem selbst gebauten Betrachter in 3D. Dauer: 90 Minuten, Kosten: 40 Euro plus 1,10 Euro pro Kind. Dieses Programm ist auch als Kindergeburtstag buchbar.
Kaiser, Kohle und Kanal in 3D
Stereofotografie von 1900 bis heute
6. Mai bis 21. Oktober 201
LWL-Industriemuseum Schiffshebewerk Henrichenburg
Am Hebewerk 2
45731 Waltrop
Geöffnet Di-So 10-18 Uhr
www.lwl-industriemuseum.de