Ausstellung – Malerei in Fotografie

Fotografie Ausstellung Frankfurt Fotokunst
Thomas Ruff (*1958), Substrat 10 l, 2002, C-Print, 186 x 238 cm
DZ BANK Kunstsammlung, © VG Bild-Kunst, Bonn 2012

MALEREI IN FOTOGRAFIE
STRATEGIEN DER ANEIGNUNG
27. JUNI BIS 23. SEPTEMBER 2012

Das Städel Museum zeigt vom 27. Juni bis 23. September 2012 die Ausstellung „Malerei in Fotografie. Strategien der Aneignung“. Im Mittelpunkt der umfassenden Schau steht der Einfluss der Malerei auf die Bildproduktion der zeitgenössischen Fotokunst. Ausgehend von der eigenen Sammlung und ergänzt durch wichtige Leihgaben aus der DZ BANK Kunstsammlung sowie internationalen Privatsammlungen und Galerien präsentiert die Ausstellung rund 60 Arbeiten, darunter zentrale Werke von László Moholy-Nagy, Hiroshi Sugimoto, Wolfgang Tillmans, Thomas Ruff, Jeff Wall und Amelie von Wulffen.

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Während die Auswirkungen des Mediums Fotografie auf die „klassischen Kunstgattungen“ bereits in zahlreichen Ausstellungen und Publikationen analysiert wurden, erscheint die Einflussnahme der Malerei auf zeitgenössische Fotografie bisher weniger beachtet. Die Ausstellung im Städel untersucht die Reflexion der Malerei im fotografischen Bild anhand verschiedener künstlerischer Strategien der Aneignung, die jedoch alle eines gemeinsam haben: Sie widersetzen sich der allgemeingültigen Erwartung an Fotografie, die Wirklichkeit authentisch zu dokumentieren.

Frankfurt Städel Museum Fotokunst Fotografie
Wolfgang Tillmans (*1968)
paper drop (window), 2006
C-Print im Künstlerrahmen, 145 x 200 cm
Städel Museum, Frankfurt am Main
© Courtesy Galerie Buchholz, Köln / Berlin
Erworben 2008 vom Künstler aus Mitteln des Städelkomitees 21. Jahrhundert
Eigentum des Städelschen Museums-Vereins e.V.

Die Ausstellung wird durch den Museumskooperationspool der Stadt Frankfurt am Main gefördert und findet im Rahmen von RAY Fotografieprojekte Frankfurt/RheinMain statt. Seit der Übergabe eines Konvoluts von 220 Werken zeitgenössischer Fotografie aus der DZ BANK Kunstsammlung an das Städel Museum im Jahr 2008 ist das Medium Fotografie ein wichtiger neuer Bestandteil seiner Sammlung. Rund 20 der Arbeiten, die in den Besitz des Städel Museums übergingen, sind neben weiteren 20 Leihgaben aus der DZ BANK Kunstsammlung in der Ausstellung zu sehen. Damit findet die Zusammenarbeit beider Institutionen eine fruchtbare Fortführung.

Die zentrale Bedeutung der Fotografie in der Gegenwartskunst und ihre Integration in die Sammlung des Städel Museums sind Anlass, der Beziehung zwischen Malerei und Fotografie in einer Ausstellung nachzugehen. Während sich die Malerei in den 1960er-Jahren mit der Verwendung von Fotografie in den Massenmedien befasste, ist in der zeitgenössischen Fotokunst eine starke Auseinandersetzung mit den Bedingungen der Malerei zu beobachten. Fotografie reflektiert, thematisiert oder repräsentiert immer wieder das traditionelle Bildmedium, zu dem sie in einem ambivalenten Verhältnis von Aneignung und Abgrenzung steht. Zahlreiche Arbeiten, die im Städel zu sehen sein werden, greifen die malerische Abstraktion der Vor- und Nachkriegsavantgarden auf, überführen diese ins fotografische Medium und entziehen sich so einer Abbildung der Wirklichkeit.

Fotogram Ausstellung Städel Museum Frankfurt
Laszlo Moholy-Nagy (1895–1946)
Fotogramm, ca. 1923-25
Getöntes Druckpapier, 12,6 x 17,6 cm (P1007015)
Courtesy Galerie Kicken Berlin
© Hattula Moholy-Nagy / VG Bild-Kunst, Bonn

Frühe Beispiele für die Adaption malerischer Techniken in der Fotografie sind die Fotogramme von László Moholy-Nagy (1895–1946) aus den 1920er-Jahren. In seinen kameralosen Fotografien arrangiert der ungarische Künstler und Bauhaus- Lehrer Gegenstände auf lichtempfindlichem Papier, die unter dem Einfluss von direktem Sonnenlicht gegenständliche Spuren als vermeintlich abstrakte Formen hinterlassen. In den gegenstandsfreien fotografischen Lichtzeichnungen von Otto Steinert (1915–1978), den sogenannten Luminogrammen, schreibt sich die Bewegung des Fotografen dem lichtempfindlichen Film direkt ein. Darin entsprechen sie der gestischen Malerei des Abstrakten Expressionismus von Jackson Pollock. Wolfgang Tillmans’ (*1968) ohne Negativ durch Zufallsoperationen beim Belichtungsund Entwicklungsvorgang des Fotopapiers entstandene Arbeit „Freischwimmer 54“ (2004) ist gleichermaßen weit entfernt von der Abbildung einer äußeren Wirklichkeit.

Die imaginäre Tiefe, Transparenz und Dynamik in Thomas Ruffs (*1958) Fotoserie „Substrat“ verleihen den Arbeiten eine außergewöhnliche malerische Qualität, die an Farbfeldmalerei oder die Werke des Informel erinnert. In seiner Serie „Seascapes“ „entleert“ schließlich der Japaner Hiroshi Sugimoto (*1948) das Motiv durch Langzeitbelichtung; die sublimen Darstellungen der Verschmelzung bzw. Abgrenzung von Meeresoberfläche und Himmel scheinen Zeit und Raum zu überwinden.

In der Ausstellung „Malerei in Fotografie“ sind darüber hinaus Arbeiten von Künstlern vertreten, die in der Auswahl ihrer Motive direkt auf die Geschichte der Malerei zurückgreifen. Dazu zählt beispielsweise die inszenierte Fotografie „Picture for Women“ (1979) des kanadischen Fotokünstlers Jeff Wall (*1946), die sich auf Édouard Manets berühmtes Gemälde „Un Bar aux Folies-Bergère“ aus dem Jahr 1882 bezieht. Die in der Bildmitte aufgestellte Kamera offenbart die gespiegelte Szene und wird zum Auge des Betrachters. Beate Gütschows (*1970) fiktive Landschaftsbilder, die aus digital zusammengesetzten Fragmenten bestehen, erinnern an arkadische Ideallandschaften der Malerei des 17. und 18. Jahrhunderts.

Der Italiener Luigi Ghirri (1943–1992) macht Aufnahmen im Atelier Giorgio Morandis (1890–1964). Seine Fotografien „kopieren“ die Stillleben Morandis, indem nicht Morandis Malerei, sondern die realen Gegenstände im Atelier des Malers als Vorlage genutzt werden. Eine weitere Strategie der Aneignung besteht darin, dass sich Künstler tatsächlich malerisch betätigen, indem sie entweder den abgelichteten Gegenstand oder sein fotografisches Abbild bearbeiten. Dazu zählen zum Beispiel die Arbeiten von Oliver Boberg, Richard Hamilton, Georges Rousse und Amelie von Wulffen. In ihrer Serie „Stadtcollagen“ (1998–1999) montiert die 1966 geborene von Wulffen Zeichnung, Fotografie und Malerei zu einer neuen Wirklichkeit. Erinnerungen der Künstlerin mischen sich mit fiktiven Räumen, die der Imagination des Betrachters die Möglichkeit eigener Assoziationen bieten.

Die Ausstellung greift ferner fotografische Positionen auf, in denen Malerei zum abgebildeten Gegenstand der fotografischen Aufnahme wird. Dafür stehen vor allem die Fotografien der Vertreterinnen der amerikanischen Appropriation-Art Sherrie Levine (*1947) und Louise Lawler (*1947). Sie eignen sich ab Ende der 1970er-Jahre Originale der Kunstgeschichte fotografisch an. Levine greift auf Reproduktionen von Malereien aus einem Katalog der 1920er-Jahre zurück, fotografiert diese und fertigt in einem weiteren Schritt Lithografien der eigenen Aufnahmen an. Lawler fotografiert Kunstwerke in Privaträumen, Museen oder Galerien und rückt damit weniger das Kunstwerk als vielmehr seine Rahmenbedingungen im Kunstbetrieb ins Zentrum der Aufmerksamkeit.

Die inhaltliche Vorbereitung
der Ausstellung fand in Kooperation mit der Goethe- Universität Frankfurt im Kontext eines von Dr. Henning Engelke, Dr. Martin Engler und Carolin Köchling geleiteten Seminars am Kunstgeschichtlichen Institut im
Wintersemester 2011/2012 statt. Die Studierenden sind mit Textbeiträgen am Ausstellungskatalog beteiligt. Die Realisierung der Publikation wurde durch die DZ BANK und die Georg und Franziska Speyer’sche Hochschulstiftung unterstützt.

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